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ADHS Gehirn

Diagnose ADHS – Der Gehirntypus des „Scouts“ als Gegenentwurf

Unsere Gesellschaft definiert ADHS als Krankheit

ADHS? Sind wirklich mindestens 10% unserer Menschen „ADHS krank?“ Wie ist es möglich, dass eine Gesellschaft in so kurzer Zeit so viele kranke Menschen produziert? Wer ADHS hat, soll sich dringend besser in diese Gesellschaft einfügen, angepasster sein, sich konzentrieren können und – still sitzen, nur Not auch mit Drogen.

Alle Menschen sollen gleich sein, als brav funktionierende Schäfchen unter einigen Alpha-Schafen. Ein paar Wölfe sind auch dabei. So sieht es die Gesellschaft vor. Unsere Schulen und unsere Arbeitswelt sind auf diese beiden Typen ausgerichtet. Wer davon abweicht, ist also krank? Das ist sehr chauvinistisch und eine Einstellung, die auch Autisten nur zu gut kennen.

Normal ist, wer funktioniert, gehorcht, sich anpasst, konsumiert und in der Masse unauffällig ist. Aber gibt es wirklich nur einen „Gehirntypus“? Also ein »menschliches Standardgehirn“, an dem wir uns alle messen lassen müssen?

Blitzschneller Verstand, großer Bewegungsdrang und unangepasste Einzelgänger – das ist ADHS

Es gibt unterschiedliche Hautfarben, Körpertypen, Haarfarben und drei Geschlechter. Warum soll es nicht auch verschiedene Arten von Gehirn geben? Ungefähr 6 % aller Menschen sind rothaarig. Es gab eine Zeit, da wurden rothaarige Frauen als Hexen verbrannt. Wer anders ist, gilt erst einmal als grundsätzlich gefährlich und bedroht den Status quo.

Wer Menschen mit »ADHS« unvoreingenommen betrachtet, findet bei ihnen viele Gemeinsamkeiten. Sie besitzen die Fähigkeit, sehr schnell Informationen zu verarbeiten. In meist kurzen, aber intensiven Konzentrationsphasen erfassen sie das Wichtigste einer komplexen Situation und bekommen schnell den Überblick. Das macht sie zu perfekten Feuerwehrmännern in Krisensituationen. Menschen mit ADHS sind hervorragende Sprinter, aber schlechte Marathonläufer.

Menschen mit ADHS bereichern uns – durch Neugier und kreatives Potenzial

Ihre Hypervigilanz (psychologischer Fachbegriff für erhöhte Wachheit), die ständige Überreizung der Sinne, das unangepasste Einzelgängertum und ein großes Bewegungsbedürfnis erfordern ständig Abwechslung. Menschen mit »ADHS« sind Grenzgänger und nur selten Alphas – das ist diesem Gehirntyp dauerhaft zu anstrengend. Doch sie geben einer geordneten Gesellschaft neue Impulse. Sie erkunden und inspirieren.

In einer Jägerkultur wären sie die „Kundschafter“, die Scouts, Erforscher, Visionäre, Einzelgänger oder Schamanen – die stets unruhigen Suchenden. Immer in Bewegung pendeln sie zwischen Neugierde, Erforschung und Rückzug. Da Menschen mit ADHS Autoritäten grundsätzlich infrage stellen, sind sie unbequem und den Hütern der Ordnung ein Dorn im Auge. Sie sind als Grenzgänger, unangepasst, unordentlich, kreativ und chaotisch. Doch das Gehirn des Kundschafters verbindet Dinge, die andere Menschen nie in Verbindung bringen würden. So erschließen sie Neuland und geben zentrale gesellschaftliche Impulse.

Die Diagnose »ADHS« macht aus einem evolutionär wichtigen Gehirntypus eine Krankheit

Ich vertrete die These, dass ADHS kein Syndrom oder eine Erkrankung ist, sondern eine Bewertung aus „gehirnchauvinistischer“ Sicht. Es gibt verschiedene Typen in einer Gesellschaft, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen können. Unser Gehirn ist grundsätzlich ein „Steinzeitgehirn“ und vom Jagen und Sammeln geprägt. Jäger und Sammler benötigen jedoch unterschiedliche Fähigkeiten. Der Scout braucht mehr Zeit, sich in einer geordneten Gesellschaft zurechtzufinden – und ganz will er das auch nie.

Wie für jeden anderen Typus gilt hier auch: Es gibt gesunde und ungesunde Ausprägungen, die erstmal wenig mit »ADHS« zu tun haben.

Spannend bleibt die Frage, wodurch sich die anderen Gehirntypen auszeichnen. Vielleicht gibt es wie bei den Ameisen auch Soldaten, Arbeiter, Königinnen und Konstrukteure. Ich werde meine Augen offen halten und danach auf die Suche gehen. Auch brauche ich dringend einen Begriff, der als Gehirntypus das chauvinistische Krankheitsbild „ADHS“ ersetzt. Scoutbrain oder Kundschafter sind noch nicht griffig genug.

Nachtrag: Ich sehe gerade (danke Christian Sekot!), dass Thom Hartmann schon 1993 ähnliche Gedanken zu diesem Thema veröffentlicht hat.